Weinlese im August? Jetzt Malven in den Weinberg säen?
Das klingt kurios oder haben die Franken einen anderen Kalender? Nun ja, Winzer haben einen etwas abgeänderten Kalender. Sie richten sich nach der Vegetation im Weinberg, denn diese schreibt ihnen die Arbeiten vor, die erledigt werden müssen. Wir sind nun schon fortgeschritten in der Reife der Trauben. Der nächste Wachstumsschub heißt in der Fachsprache „Véraison“ und meint, dass das Weichwerden der Trauben beginnt. Bevor das Weichwerden einsetzt, wird ein „Zuviel“ an Trauben abgeschnitten. Die maximale, gesetzlich erlaubte Erntemenge für Franken beträgt 90 hl/ha.
Die noch grünen Beeren, locken kleine Essigfliegen an, die sich auch an den am Stock verbleibenden Trauben gütlich täten. Deshalb muss diese Arbeit zügig erledigt werden. Je nach Qualitätsziel und gewünschtem Ertrag, wird die Anzahl der Trauben reduziert.
Eine zweite Methode der Ertragsregulierung und einer optimalen Nutzung der Aromeneinlagerung, ist die Traubenteilung. Dabei wird die Traube in der Mitte durchtrennt, also halbiert. Die noch verbleibende restliche Traube kann so lockerbeerig und luftig heranwachsen. Bei häufigem Niederschlag und je nach Rebsorte quellen die Beeren mehr und mehr auf und bedrohen sich so gegenseitig mit „Platzmangel“, die dünnen Häute platzen auf und der Botrytispilz findet geöffnete Türen vor. Außerdem fördert die Luftzirkulation durch die lockere Beerenstruktur ein schnelles Abtrocknen und hemmt die Fäulnisbakterien.
Natürlich muss der zweite Laubschnitt durchgeführt werden. Die Rebtriebe sind nach dem ersten Schnitt fröhlich weitergewachsen und reichen wieder ein Stück über den oberen Drahtrahmen hinaus. Die Laubwand wird per Hand nochmals luftig ausgedünnt. Mitte August findet die letzte Schutzbehandlung der Trauben statt. Strenge Vorgaben bei den Wartezeiten müssen eingehalten werden.
Auch der Boden wird gemulcht und/oder die brach liegenden Zeilen mit einer neuen Einsaat versehen. Ob Klee, Ölrettich, Malven oder Wiesenkräuter: jede dieser Begrünungspflanzen erfüllt ihre lebenswichtige Aufgabe in der Biodiversität der Weinberge.
Wenn all diese Arbeiten erledigt sind, darf sich der Winzer (hoffentlich) auf einen kurzen Urlaub freuen und sich vor der nächsten großen Anstrengung, der Weinlese, entspannen. Dann heißt es den Keller aus dem Sommerschlaf zu wecken, das Personal für die Lese bestellen, die Utensilien betriebsbereit zu richten und sich ganz der Vorfreude eines neuen Weinjahrgangs hingeben - schließlich hat der Winzer nur einmal im Jahr die Chance einen richtig guten Wein zu machen.
Dies ist auch eine perfekte Zeit, um den Winzer in seinem Weingut zu besuchen. Viele architektonische Highlights gibt es hierbei in Franken zu bestaunen. Nicht nur bei der Weinqualität, auch in den Weingütern hat sich vieles bewegt in den letzten Jahren. Für den Blick hinter die Kulissen gibt es mittlerweile spezielle Führungen zum Thema „Architektur & Wein“ und eine extra ausgearbeitete Übersicht. Ein spannendes Thema rund um den Wein und eine gute Möglichkeit Wein aus anderen Perspektiven zu beleuchten.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und den Trauben im Weinberg einen sonnigen Ferienmonat August.
Martha Gehring - Winzerin aus Leidenschaft und fränkische Weinbotschafterin - begleitet für "Franken - Wein.Schöner.Land!" mit Text und Bild den Frankenwein über das Jahr und erklärt die wichtigsten Aufgaben eines Winzers.